Dr. Elise Dosenheimer

geb. 22.11.1868 in Ungstein, gest. 12.4.1959 in New York
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Elise Dosenheimer in späten Jahren (Foto: Leo Baeck Institute)

Die Germanistin und Frauenrechtlerin Elise Dosenheimer wurde am 22. November 1868 in Ungstein in der Pfalz geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und höheren Töchterschule in Dürkheim legte sie ihr Examen für neuere Sprachen in Speyer ab und machte in Mannheim Abitur. Das Frauenstudium war erst mit der Jahrhundertwende und unter erschwerten Bedingungen möglich geworden. Ab 1904 studierte sie, zunächst nur als Hörerin, an den Universitäten Berlin, Jena und Heidelberg Deutsche Philologie, Philosophie und Geschichte. In Jena promovierte sie 1912 zum Thema „Individuum und Staat bei Friedrich Hebbel”. Erst 1949 erschien ihr Hauptwerk „Das deutsche soziale Drama von Lessing bis Sternheim“.

Neben ihrer Arbeit als Germanistin war Dr. Dosenheimer auch als Frauenrechtlerin aktiv, publizierte u.a. in „Die Frauenbewegung“ und in der „Zeitschrift für Frauenstimmrecht“. Mit Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg gehörte sie dem sog. radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung an. Sie scheuten sich nicht, Fragen der Sittlichkeit und Sexualethik zu diskutieren, und machten, im Gegensatz zum bürgerlichen Flügel, die Gesellschaft insgesamt für die Prostitution verantwortlich und nicht nur die Prostituierten selbst. Sie forderten die koedukative Einheitsschule, den Zugang der Frauen zur Universität und die politische Gleichberechtigung der Frau durch die sofortige Gewährung des Frauenstimmrechts. Die Verbindung von Berufstätigkeit und Mutterschaft wurde uneingeschränkt gefordert. Die Gleichberechtigung der Frau wurde als Mittel zur Humanisierung der bestehenden Gesellschaft begriffen, als, so schrieb Dosenheimer, „Fruktifizierung des Frauenwesens für die moralische, politische und soziale Befriedung der Welt“.

Als Pazifistin war sie aber auch innerhalb der Frauenbewegung Außenseiterin. Sie sah den Pazifismus als Aufgabe der Frauenbewegung an, beklagte zu Beginn des 1. Weltkrieges das Erstarren im Militarismus und nach seinem Ende das Versagen der Frauenbewegung. Erst während des 2. Weltkriegs war für Heymann, Augspurg und Dosenheimer dieser Pazifismus nicht mehr lebbar. Elise Dosenheimer schrieb 1943 über Lida Gustava Heymann, sie hätte den Krieg gegen den Faschismus „bejahen [müssen], weil sie einsah, dass er unumgänglich war, sollte die Welt vor einem äußersten Abgrund, sollte die Idee der Menschheit vor letzter Schändung gerettet werden“.

Seit 1929 wohnte Elise Dosenheimer in Heidelberg, ab 1937 im dritten Stock der Blumenthalstraße 36. Von hier haben die Behörden sie am 22. Oktober 1940 im Rahmen der ersten großen Deportation deutscher JüdInnen, der Wagner-Bürckel-Aktion abgeholt und mit 300 weiteren HeidelbergerInnen – darunter ihre Schwägerinnen Paula und Anna Dosenheimer – nach Gurs deportiert. Ihr gesamtes Vermögen wurde eingezogen, die Wohnung leergeräumt.

Elise Dosenheimer war zu diesem Zeitpunkt 71 Jahre alt und bekam im Schlamm und der eisigen Kälte des Internierungslagers Gurs die Baracke I zugewiesen. Am 13. Dezember 1940 haben die Vichy-Behörden sowohl ihr als auch Anna und Paula Dosenheimer erlaubt, in Pau bei ihrem Großneffen Paul Rehfeld zu wohnen. Im August 1941 erhielt sie ein Visum zur Einreise in die USA, und über Marseille gelang ihr die Flucht nach Amerika.

Ihre Nichte Gertrud Dosenheimer Schwerin erinnert sich an Dosenheimers New Yorker Zeit, als sie einem winzigen Zimmer wohnte und sich als Vegetarierin spartanische Mahlzeiten kochte. Jeden Tag machte sie sich auf den Weg in die Bibliothek der Columbia University, wo sie an ihrem letzten Buch über Schiller arbeitete, das nie veröffentlicht werden sollte.

Elise Dosenheimer starb am 12. April 1959 in New York.

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